Sonntag, 20. September 2015

Internationale Goslarer Klaviertage starten mit einem wunderbaren Konzert von Prof. Rudolf Meister

Wer gestern einen Grund hatte, bereits am Nachmittag in die Festhalle zu kommen - z.B. um mitzuhelfen, der Halle für den großen Abend mit Prof. Rudolf Meister den letzten dekorativen Schliff zu geben - hatte großes Glück: Denn Prof. Meister saß bereits Stunden vor Konzertbeginn am Steinway-Flügel und spielte sich ein. So gab es für fleißige Helfer/innen in der Festhalle schonmal vorab eine Belohnung und einen Vorgeschmack auf den Genuss am Abend.

Die zweite Belohnung folgte mit dem Eintreffen der Gäste: Sagenhafte 120 Musikfreundinnen und -freunde waren nach Wolfshagen gekommen - darunter viele neue Gesichter. Stammgäste aber ließen sich dieses Ereignis selbstverständlich auch nicht entgehen.


Nun aber genug der Vorrede und die Hauptperson des Abends in den Mittelpunkt gestellt: Prof. Rudolf Meister beehrte uns mit seiner Spielkunst und eröffnete die Internationalen Goslarer Klaviertage mit einem fulminanten Konzert. Und nicht nur das - er  gab uns vor Beginn der von ihm jeweils präsentierten Werke auch eine kleine Einführung in das Werk.


Den ersten Teil des Konzerts gestaltete Prof. Meister mit zwei Mozart-Werken - dem Rondo a-Moll KV 511 sowie der Sonate F-Dur KV 533 und 494. Während das Rondo eher von Trauer und Schwermut geprägt war, stimmte uns die Sonate sehr wechselvoll schon einmal sanft auf die dramatischen Höhen und Tiefen der nach der Pause folgenden Max Reger'schen Variationen und Fuge über ein Thema von Johann Sebastian Bach (op. 81) ein. 

Das Publikum strömte spürbar frohgestimmt in die Pause, genoss einen Sekt, einen Wein oder eine Tasse Kaffee, freute sich über die Gelegenheit, ein pikantes Stück Zwiebelkuchen oder lieber ein süßes Stückchen Zuckerkuchen zu schnabulieren und mit Freunden oder Bekannten an unseren hübsch gedeckten Tischen ein Schwätzchen zu halten - oder gar neue Bekanntschaften zu schließen. Erwartungsfroh versammelten sich alle wieder in der Halle.


Der zweite Teil des Konzerts dann offenbarte vollends, dass wir einen Meister-Pianisten vor uns hatten - und die Meisterschüler und -schülerinnen, die ebenfalls im Saal saßen, werden sich sicher auf die dem Konzert folgenden arbeits-, erfahrungs- und lehrreichen Tage mit Prof. Meister gefreut haben. Die Variationen und Fuge über ein Thema von Johann Sebastian Bach des Komponisten Max Reger schienen eigens dafür komponiert zu sein, dass uns der Pianist all sein Können in einem einzigen Stück präsentieren kann. Wir waren hingerissen. Umso mehr, als der Pianist den gesamten Abend über vollkommen auswendig spielte - das Notenpult wurde bereits am Nachmittag vom Flügel entfernt, es wurde schlicht nicht gebraucht. Große Bewunderung!


Nun ist es nie besonders leicht, musikalisch Dargebotenes in Worte zu fassen - dafür ist die Musik ja gerade auch nicht gemacht. Dennoch möchte ich (Antje Radcke) selbstverständlich versuchen, die grandiose Musik und das virtuose Spiel ein klein wenig zu beschreiben. Das aber kann nur sehr subjektiv gelingen. Ich fasse mich deshalb kurz und gebe hier nur wieder, warum ich persönlich so sehr fasziniert von der Musik und deren Interpretation durch Prof. Meister war: Ich hatte zeitweilig das Gefühl, vollständig in die Musik eintauchen zu können - der Klang des Flügels schien von überall her zu kommen und erfüllte den gesamten Saal. Besonders beeindruckt war ich von der Kunst des Pianisten, die Übergänge von den kraftvollen, ja teils gewaltigen Phrasen hin zu den sanften leichtläufigen zu gestalten: Die massigen Takte bewegten sich noch hoch oben durch den Raum und in meiner Wahrnehmung, als urplötzlich von unten her eine gänzlich neue, leichtfüßige Melodie daherkam - für einen Augenblick glaubte ich, vier Hände statt zwei spielen zu hören...

Vielen herzlichen Dank, Prof. Meister für den wunderbaren Abend!